Getauft wird in Loccum erst, seit aus der Klosterkirche die evangelische Gemeindekirche geworden war. Und das war viel später als in den Orten ringsum, nämlich nach 1593. Bis dahin waren junge getaufte Männer ins Kloster gekommen und die Dorfbevölkerung wurde im Auftrag des Bischofs von Minden betreut; vielleicht von den Pastoren aus Wiedensahl, die ja schon lange vor Loccum evangelisch geworden waren. Nun aber öffnete sich die Stiftskirche für die Dorfbevölkerung und der damalige Abt Stracke stattet die Kirche mit einer Kanzel (steht heute in Münchehagen) und einem Taufstein aus. Voller Stolz schreibt er in seiner Chronik:
Er schließt einen Vertrag mit dem Steinhauermeister Henrich Klevemeyer aus Obernkirchen, der zwei Jahre zuvor einen Taufstein für die Marienkirche in Minden geschaffen hatte. Im Vergleich zum Mindener Taufstein fällt auf, dass der Taufbefehl: „Gehet hin in die ganze Welt und taufet ...“ dort in Niederdeutsch, hier in Loccum bereits in Hochdeutsch steht. Ein weiterer Unterschied: Der Loccumer Taufstein ist 16 cm höher, vielleicht hat Stracke ihn seiner beachtlichen Körpergröße anpassen lassen.
Oben auf dem Rand steht die umlaufende Inschrift: „D. Theodorus Strake Abbas Luccensis me fieri fecit Anno 1601“ – „Theodorus Strake, Abt von Loccum hat gemacht (veranlasst), dass ich gemacht werde im Jahr 1601“. Stracke schreibt sich selbst übrigens meistens ohne c – Strake.
Der Abt muss dann eine Erfahrung machen, die wir auch kennen: Bestellte Ware wird nicht pünktlich fertig und wird teurer als geplant. Achtmal zahlt Stracke dem Steinmetz einen bis zehn Taler nach, dazu zweimal drei Malter Roggen für fünf Taler. Der Grund für die Nachzahlungen:
Also eine etwas unrühmliche Geschichte. Wo die ursprüngliche Taufschale und der Deckel geblieben sind, wissen wir nicht.
1850 nach der großen Renovierung der Kirche fanden die Taufen in der Mandelslohkapelle (Seitenkapelle neben der Sakristei) statt. Sie erhielt dafür eine passende Ausmalung. Über der Tür zur Sakristei die Darstellung der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer und über der Tür zur Kirche einen Hirsch, der an der Quelle trinkt. Das bezieht sich auf das Psalmwort: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.“ (Ps.42,1) Das ist ein altes Sinnbild, für die Menschen, die nach dem Wasser der Taufe, dem Wasser des Lebens verlangen.
Auf ein hölzernes Gestell wurde eine Messingschale gelegt. Sie trägt den Spruch: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, (Eph 4,5-6;) und die Symbole: eine Hand (für Gott), ein Kreuz (für Jesus) und ein Taube (für den Hl.Geist). Aber die Praxis dort zu taufen, dauerte nicht lange, die Gemeinde wollte die Taufen lieber in der Kirche haben. So wurde der Ständer bei Bedarf in den Hohen Chor gestellt und dann um 1960 durch einen modernen Taufstein ersetzt. Dessen Standort unter der südlichen Empore hat sich aber auch nicht bewährt. Heute steht er im Kreuzgang neben dem Eingang zur Johanneskapelle. Wieder wurde der Ständer mit der Schale von 1850 benutzt.
Aber nun kommt in den letzten Jahren der alte Taufstein am Eingang der Kirche wieder zu Ehren! Ein Problem war nur, dass die Taufschale keinen festen Halt hatte und jeweils provisorisch gesichert werden musste. Aber auch das ist nun Geschichte! Seit Ostern hat der Taufstein eine schmiedeeiserne Halterung für die Schale. Der Kunstschmied Andreas Rimkus aus Springe hat sie im Auftrag von Abt Hirschler angefertigt. Die letzten Arbeiten wurden am Ostermontag 2019 vor der Kirche beendet. Die Halterung ist genau den Aussparungen auf dem Taufstein angepasst und mit zwei goldenen Kugeln mit ihm verschraubt. Die Namen der vier Paradiesflüsse Pischon, Euphrat, Gihon und Tigris sind eingraviert und stellen die Verbindung zur Darstellung des Paradieses dar, das den Fuß des Taufsteins schmückt. (leider im Laufe der Jahrhunderte stark zerstört).
So hat sich der Kreis geschlossen und die Taufhandlungen finden heute wieder an ihrem Ursprungsort statt.